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Biogas – eine wiederentdeckte Form der landwirtschaftlichen Energiegewinnung
Unter den erneuerbaren Energien stellt die Biogaserzeugung eine ganz besondere Form dar. Denn sie ist Teil des landwirtschaftlichen Nährstoffkreislaufs.

Biogas wird aus Reststoffen produziert, die in der Landwirtschaft oder bei der Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte anfallen. Es kann dezentral und zu geringen Kosten die tägliche Energie für einen Hof, ein Dorf oder einen Betrieb liefern. Denn die Arbeit machen Bakterien, die überall natürlich vorkommen. Sie ernähren sich von den Reststoffen und produzieren dabei Biogas. Es ist keine spezielle Technik notwendig, um die Biomasse in Energie umzuwandeln. Die Anlagen können mit einfachen Mitteln gebaut und betrieben werden. Und die Gashauben der Gärbehälter dienen sogleich als Energiespeicher, die eine Versorgung entsprechend dem jeweiligen Bedarf ermöglichen.

Zudem ist Biogas sehr vielseitig: Das Rohbiogas kann direkt zum Kochen und für heißes Wasser verwendet werden. Diese Nutzung ist in Entwicklungs- und Schwellenländern üblich, wo Biogasanlagen eine lange Tradition haben. Man kann mit Biogas aber auch einen Motor betreiben und Strom produzieren sowie die Abwärme nutzen. Zudem ist es möglich, das Gas zu reinigen und als hochwertiges Methan zu verwenden, das in seiner Zusammensetzung Erdgas entspricht und unter anderem als Treibstoff für Autos eingesetzt werden kann.

In regionale Kreisläufe eingebunden, auf Basis von Reststoffen oder Abfällen vor Ort von Menschen aus der heimischen Bevölkerung betrieben, sind Biogasanlagen eine genial einfache, preiswerte und nachhaltige Methode der regenerativen Energieproduktion.

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Biogasnutzung in Kirpal Sagar
In Kirpal Sagar liefert eine Biogasanlage mit vier Gärbehältern Gas zum Kochen für die Gemeinschaftsküche und die Schulmensa, die drei Mahlzeiten pro Tag für bis zu 1.000 Menschen zubereiten. Das regenerativ erzeugte Biogas ersetzt teure Propangasflaschen, die eingekauft werden müssen, sowie Holz, das jetzt nur noch in geringen Mengen genutzt werden muss. Das Verbrennen von Holz in der Gemeinschaftsküche ist für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesundheitlich sehr belastend, da es in einem offenen Feuer verbrannt wird und starken Rauch entwickelt. Über eine Leitung wird nun das Biogas direkt in die beiden Großküchen geliefert.

Die Gasproduktion erfolgt mit Mist und Gülle von den eigenen Büffeln und Kühen. Nach der Energieproduktion aus diesen Reststoffen kann der nährstoffhaltige Gärrest als hochwertiger Dünger in der Landwirtschaft weiterverwendet werden. Richtig eingesetzt, trägt er zum Humusaufbau bei und sorgt für gesunde Böden ohne Chemie. Es brauchen keine Stoffe oder Substrate von außen zugeführt zu werden. So existiert ein geschlossener Kreislauf auf Grundlage eigener landwirtschaftlicher Ressourcen. Wird das Methangas zur Energieerzeugung genutzt, emittiert es nicht in die Atmosphäre und belastet somit nicht das Klima.

Der sorgsame und effiziente Umgang mit den natürlichen Ressourcen, wie Wasser und Boden, und die Rücksicht auf die Umwelt entspricht dem Ideal Sant Kirpal Singhs vom Dienst am Land.

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Stete Verbesserung und schrittweises Lernen in internationaler Zusammenarbeit
Engagierte Fachleute und Freiwillige aus Europa arbeiten gemeinsam mit den indischen Mitarbeitern und dem Management von Kirpal Sagar daran, den Betrieb zu verbessern und die Biogas-Ausbeute stetig weiter zu erhöhen. Der Mist wird per Hand mit einem Wasserschlauch in die Gärbehälter gespült. Schrittweise wird nun die Fütterung der Anlage gesteigert, das Zulaufsystem zu den Gärbehältern verbessert, damit die Verdauung der Biomasse so vollständig wie möglich erfolgt, und das Wasser wiederverwendet, um frisches Trinkwasser einzusparen und Restgase im Abwasser zu nutzen. Der nährstoffreiche Gärrest, der nach der Energiegewinnung wieder aus der Anlage heraus gespült wird, soll in Zukunft gezielt für die Felder weiter verwendet werden. Klimaschädliche Emissionen bei Lagerung von Mist, Gülle und Reststoffen werden durch Anpassungen bei den betrieblichen Abläufen immer mehr reduziert. Unsere indischen Partner freuen sich über den Zuwachs an Erkenntnissen und den verbesserten Betrieb der Anlage, und für die Fachleute aus dem Westen ist es lehrreich zu sehen, wie gut eine Biogasanlage mit einfachen Mitteln im landwirtschaftlichen Kreislauf vor Ort funktioniert.

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Das richtige Maß
Vor allem in Deutschland sind Biogasanlagen in Kritik geraten, nachdem die Politik die Ausbreitung und Weiterentwicklung der Biogastechnologie als Standbein der Energiewende stark gefördert hat und viele große Anlagen entstanden sind, für die eigens Ackerflächen mit Energiepflanzen bebaut werden. Aufwändige Technik und hohe Sicherheitsanforderungen für die Anlagen industriellen Ausmaßes haben die Biogasproduktion zudem teuer gemacht. Aber auch die deutsche Politik hat mittlerweile umgesteuert und setzt wieder stärker auf kleine Gülle-Anlagen und Abfallvergärung. In den Zeiten des Biogas-Booms sind jedoch neue Technologien entstanden und wichtige Fortschritte gemacht worden, die heute dazu beitragen, Biogas unter ganz verschiedenen Voraussetzungen effizient, sicher und flexibel produzieren und nutzen zu können.

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